Zurück aus dem Homeoffice
Montag – es ist 8:30 und ich sitze noch fast allein im Büro. Obwohl in den letzten Tagen viele in meiner Bürogemeinschaft langsam wieder an ihren gewohnten Arbeitsplatz zurückgekehrt sind, merkt man doch, dass sich etwas verändert hat. Für einen ausgewählten Personenkreis sind die Wochen im Homeoffice nun gezählt und es macht sich ein Gefühl breit, das an die Rückkehr ins Büro nach dem letzten Urlaub erinnert: ‘Weißt du noch, letzte Woche um diese Zeit?’. Nicht für alle war das Homeoffice wie Urlaub, tatsächlich konnten nur wenige die Vorteile genießen, die das mobil-flexible Arbeiten normalerweise mit sich bringt: Höhere Produktivität, gesteigerte Motivation und entspannteres, selbstbestimmtes Arbeiten sind Gewinne, die für die meisten durch die psychische Belastung der Ausgangssperren, Mehrarbeit durch höhere Kommunikationsanforderungen, anstrengende Marathon-Videocalls und deutlich schlechtere Ergonomie getrübt wurden. Besonders hart getroffen, sind die Frauen und Männer mit Kinderbetreuungsaufgaben, welche neben ihren 40-Stunden-Jobs noch Hausaufgaben und Unterhaltungsprogramm für ihre Kinder einplanen mussten.
Auf Social Media wurden fleißig Bilder vom Homeoffice geteilt: Oft war der Heimarbeitsplatz der Küchencounter, der Wickeltisch oder eine experimentelle Konstruktion aus Wäscheständer mit Schuhbox, um eine halbwegs zumutbare Sitzhaltung zu erreichen.
Will man das Homeoffice auf längere Sicht etablieren, müssen Unternehmen sicherstellen, dass zuhause auch mit der selben funktionalen und ergonomischen Qualität gearbeitet werden kann, wie sonst im Büro – dies inkludiert natürlich externe Kinderbetreuung.
Mein Homeoffice war technisch voll ausgestattet, aber ergonomisch nicht einwandfrei: Blendung, falsche Tischhöhe, Hocker statt Bürostuhl mit Rückenentlastung – der Arbeitsinspektor wäre nicht erfreut.
Zurück im Büro ist der 1-Meter Abstand sichtlich kein Problem, da die Tische selbst bereits 1,10 tief sind und durch Aktustiktrennwände abgeschottet sind. Zu berücksichtigen sind aber trotz passender Arbeitsplätze die mögliche Verbreitung von Viren in Allgemeinflächen.
Alte Räume – neue Regeln
Aus der Küche hört man Gelächter. Da sind sie wieder, die Kollegen und Kolleginnen am Plaudern bei Kaffee und mitgebrachtem Frühstück. Doch was vor Covid-19 ein längeres informelles Treffen in der kleinen Teeküche im 5.Stock geworden wäre, endet heute nur allzu bald. In meiner Bürogemeinschaft ist man gesittet, hält Abstand und Unterhaltungen möglichst kurz. Schade um die gute soziale Dynamik, die hier sonst an den Tag gelegt wird. Der sonst üppig besetzte Pausenraum, bleibt großteils leer. Das Essen, das man mitgebracht hat, verdrückt man schnell am Arbeitsplatz. Die Angst um Covid-19 hat dem Miteinander im Büro den Wind aus den Segeln genommen und informelle Kommunikation und sozialer Austausch sind wesentliche Faktoren, die sich positiv auf die Motivation der Mitarbeiter*innen auswirken. Wie kann man also trotz Social Distancing dem Büro den Zauber der Gemeinschaft wieder geben?
Um Menschen im Büro die notwendige Sicherheit zu geben, um auch während dieser Phase entspannt arbeiten und kommunizieren zu können, braucht es soziale Regeln, die das Miteinander verbessern. Viele Teeküchen in Büros bringen nicht genügend Platz mit, um den sonst so regen Austausch zu ermöglichen. Unternehmen können ihren Mitarbeiter*innen stattdessen ermöglichen, zu einer gewissen Zeit einen großen Meetingraum als Sozialbereich zu nutzen.
Einfach die Kaffeemaschine in den Meetingraum umsiedeln – die Mitarbeiter*innen kommen dann von selbst.
Sind alle da?
Ein Grund warum sich viele auf die Rückkehr ins Büro gefreut haben, ist die Kolleg*innen wieder zu treffen, die man sonst nur mehr aus der Videokonferenz kannte. Ich hätte zum Beispiel nie gedacht, dass mir der eine Kollege gerade fehlt, der sonst den ganzen Tag am Telefon hängt. Aber gerade heute kann ich die Ruhe, die ich mir sonst so gewünscht habe, nicht genießen. Viele bekannte Gesichter fehlen in dieser ‘neuen Normalität’, sie gehören entweder zur Risikogruppe, sind wegen den Kindern zuhause oder ein Teil des Teams, das wegen des Teamsplittings an anderen Tagen im Büro arbeitet als man selbst.
Dies führt unweigerlich zu einer Abschottung dieser Personengruppen vom Rest des Teams. Wie kann man dem entgegenwirken? Problematisch ist dabei sicherlich die fehlende Abschätzbarkeit der Dauer dieser Maßnahmen. Man kann also nicht sagen, dass man sich zum Sommerfest wiedersieht, weil das noch ungewiss ist.
Zurück ins Büro der Zukunft
Nur wenige Unternehmen verfügen über Räume, die den Empfehlungen von Virolog*innen entsprechen. Wir haben Glück: Unsere Schreibtische sind groß und bieten den notwendigen Abstand zueinander und sind zusätzlich durch körperhohe Raumteiler getrennt, die zusätzlich zu unerwünschter Geräuschkulisse nun auch Viren abhalten sollen.
In vielen Quellen wird aber bereits das Ende des Großraumbüros proklamiert und über Trennwände aus Plexiglas zwischen den Schreibtischen nachgedacht. Als hauptberufliche Gestalterin von Büroräumen habe ich allein bei der Vorstellung, Menschen ins Acrylglas-Cubicle zu setzen, ein beklemmendes Gefühl – sei es auch nur temporär. Während Plexiglas-Schutzwände in der Kundenbetreuung unvermeidbar sind, bieten sie für den Arbeitsplatz wenig Verbesserung des Schutzes bei gleichzeitiger Verminderung der Raumqualität. Lichtreflektionen, verschlechterte Akustik und ein Gefühl als würde man im Goldfischglas sitzen. Solche Lösungen bieten weder viel Weitsicht, was die Ausbreitung von Viren im Büro angeht (Übertragung in Allgemeinflächen wie WCs, Teeküchen ist immer noch wahrscheinlicher als am eigenen Arbeitsplatz), noch berücksichtigen sie räumliche Qualitäten wie Akustik, Raumklima oder unerwünschte Lichtreflektionen.
Die Gewährleistung des Mindestabstands im Büro kann auch durch smarte Positionierung der Arbeitsplätze zum Schutz der Mitarbeiter*innen funktionieren.
Ausgangssituation: Arbeitsrechtlich korrekte Positionierung von 160cm breiten Tischen. Die Mindestabstände von 1m zwischen Mitarbeiter*innen können nicht eingehalten werden.
Platziert man Schutzwände zwischen Tischen müssen gleichzeitig die Abstände der Tischgruppen vergrößert werden (Platzverlust), da die Durchgangsbreiten zu persönlichen Arbeitsplätzen mindestens einen Meter betragen müssen.
Verringert man die Tischfläche auf erlaubte 120cm wird der 1-Meter Abstand ermöglicht. Die volle Tischfläche kann dabei als Ablage zur Verfügung stehen, man ändert z.B. nur die Position des PCs damit die Arbeitenden mit dem richtigen Abstand zueinander sitzen.
Soll der Unternehmensstandort zukunftsfit gemacht werden, ist der Schutz der Mitarbeiter*innen vor Viren genauso zu berücksichtigen, wie der Schutz vor den negativen Auswirkungen schlechter Arbeitsbedingungen.
Nachdem die technische Hürde bei der Umsetzung des mobil-flexiblen Arbeitens bereits gemeistert wurde, steht nun der nachhaltigen Etablierung des Homeoffice nichts mehr im Weg. Auf diese Weise können Mitarbeiter*innenzahlen am Standort reduziert werden und Mitarbeiter*innen genießen die Vorteile der Heimarbeit. Zusätzlich bekommt der Unternehmensstandort auch völlig neue Aufgaben: Das Büro wird zum Ort der Zusammenkunft und des Austauschs des Teams, ein Ort wo das Team zuhause ist und gemeinsam neue Ideen entwickelt werden.
Wichtig dabei ist, auf individuelle Lösungen zu setzen, die für das jeweilige Unternehmen funktionieren und nicht einfach dem nächsten Trend zu folgen. So schaffen wir eine Zukunft, in der sich Mitarbeiter*innen darauf freuen, morgen ins Büro zu gehen. (So wie ich.)
Romina Hafner ist Designerin und gestaltet unter dem Synonym rohkonzept innovative Büroprojekte. Mit dem Leitsatz ‘Büros, die mehr können, als nur Arbeitsplätze zu sein’ konzipierte sie bereits attraktive Arbeitswelten für Kapsch TrafficCom, Bank Austria, Riot Games und viele andere Unternehmen. Dabei stehen stets die Nutzer*innen im Vordergrund der Gestaltung. Sie entwickelt Workshopformate für kollaborative Gestaltungsprozesse in Unternehmen und begleitet Umbauprojekte von der Konzeption über die Planung bis zur Umsetzung. Das Ergebnis sind eindrucksvolle Arbeitsumgebungen und zufriedene Mitarbeiter*innen, denn: Gemeinsam gestaltet man bessere Büros.