Forbes Gastkommentar: Mehr Freiheit und Flexibilität durch den Lockdown

Portraitbild der Autorin Sonja Strohmer

Ein Gastkommentar von Sonja Strohmer, Initiatorin des Unternehmensnetzwerks Work Smart Austria und der Talent Community #WeWorkSmart.

Das häufig unantastbare Bild davon, wo und wann Arbeitsleistung produktiv zu erbringen ist oder wie Meetings auszusehen haben, wurde nun neu gezeichnet. Wenngleich viele Unternehmen alle Mitarbeiter wieder ins Büro zitieren (möchten), so ist doch die Schleuse für mehr Freiheit beim Arbeiten geöffnet. Der Frust der Belegschaft, den ein kompletter Backlash zur Präsenzkultur auslöst, wird nicht auf wundersame Weise verschwinden.

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Bereits vor Corona war es für bestimmte Arbeiten unverständlich, warum Mobile Work nicht möglich ist. Künftig werden Recruiter noch häufiger in ungläubige und irritierte Gesichter blicken. Je nach Befragung möchten 70-93% der österreichischen Angestellten weiterhin (tageweise) remote arbeiten. Angelehnt an den Remote Work-Spezialisten Martin Kompan ist das Büro eben auch nur ein Arbeitswerkzeug – und zwar ein aufgabenabhängig sehr wertvolles und gleichzeitig oft überschätztes.

Sonja Strohmer
… ist Initiatorin des Unternehmensnetzwerks Work Smart Austria und der Talent Community #WeWorkSmart. Die HR-Enthusiastin holt Vorreiter und ambitionierte Unternehmen in Sachen flexibles Neues Arbeiten vor den Vorhang und unterstützt deren Weiterentwicklung durch Vernetzungsangebote. Sie war langjährige Personalleiterin und zuvor als mehrfach ausgezeichnete Arbeitsforscherin an der Universität Wien und für die ILO, FORBA und Eurofound tätig. Berufliche Stationen und das Studium führten sie nach Washington, D.C., Prag und Genf. Sie ist systemischer Coach und absolvierte ein Doktoratsstudium zum Thema internationales Personalmanagement.

In der neuen Arbeitswelt spielen auch Führungswerte und die Führungskultur eine ganz zentrale Rolle – besonders dankbar sind Entscheidungsträger nun über über alle Arbeitnehmer, die Eigeninitiative zeigen. Bisher wurden Menschen mit dem Wunsch, möglichst selbstständig zu arbeiten, häufig ausgebremst. Fast in die Rolle eines Kindes gedrängt zu werden, das sich ab- und anmelden muss, passt jedoch nicht zu den Intrapreneurship-Anforderungen und der Innovationsnotwendigkeit unserer Zeit und sollte in Zukunft auch keinen Bestand mehr haben.

Covid19 bestärkt darin, Job-Rahmenbedingungen neu zu denken

Das intensive Krisenmanagement oder auch die parallele Kinderbetreuung in der Corona-Zeit forderten teils höchste Flexibilität seitens der Angestellten. Viele arbeiteten auch zu (selbst gewählten) unüblichen Tageszeiten und hatten zwischendurch in der klassischen Kernzeit „Freizeit“. Diese Entgrenzung und Anforderung an Selbststeuerung werden bei allen unbestrittenen Vorteilen auch zu einer der großen Herausforderungen unserer Zeit (und der Organisations- und Personalentwicklung).

Auch die klassische „40h-Job-Einheit“ als Standard wird zunehmend hinterfragt. Je nach Rolle und Verantwortung lassen sich Jobs auch mit 30 oder 55 Wochenstunden definieren. Bei letzterem verhindert Jobsharing den Leistungsabfall zum Tagesende hin. Covid-19 verdeutlicht, dass fast nichts in Stein gemeißelt ist und bestärkt darin, Job-Rahmenbedingungen neu zu denken.

Foto: Stefan Brenner / Foto Brennerei

Der Originalartikel erschien am 16. Juli 2020 online auf forbes.at